Wo ist da das Hirn?
Der Widerstand gegen die ÖVP-FPÖ-Regierung richtet sich gegen Rassismus, Sexismus und Sozialabbau. Finden sich die einen auf der allwöchentlichen Donnerstagsdemo ein, wollen die anderen am Samstagnachmittag am Ballhausplatz der Soundpolitisierung ein offenes Ohr schenken, und wiederum andere glauben durch Vorträge und Round-Table-Gespräche ein Bewusstsein gegen die Regierung zu schaffen. Die Widerstandsformen sind pluralistisch und heterogen, und auf nahezu allen Flyern, die zum Protest aufrufen, finden sich die Begriffe Rassismus und Sexismus. Auf Anti-Rassismus können sich offenbar alle einigen, Homophobie und Antisemitismus dagegen scheinen nur für wenige ein Thema zu sein. Bei Sexismus gestaltet sich die Lage noch etwas schwieriger, geht es doch um die eigene Männlichkeit, um die eigenen Vorrechte - auch in der Widerstandsbewegung. Als Frauen/Lesben die wöchentlichen Wanderungen durch die Wiener Gemeindebezirke dann anführten, fühlten sich einige Männer immer noch in ihren Vorrechten bedroht und in ihrer scheinbaren Kompetenz beschnitten. Neben den allwöchentlichen Donnerstags- und Samstagsdemos positionieren sich auch diverse Szenelokale gegen die Regierung. Das Wiener Flex ist beispielsweise so ein Ort. Gleichzeitig schreckte mann dort letztens nicht davor zurück, mit nackten Frauenärschen und darüber gelegten, mit Handschellen gefesselten Händen für Veranstaltungen zu werben (Hi Fidelity).
"Reingehen und Aufmischen" betitelte die Hamburger House-DJ Luka Skywalker einen ihrer Artikel über die Szene. Ein Motto und zugleich eine Handlungsanleitung, um gegen sexistische Repräsentationen von Frauen vorzugehen. Immer mehr Clubs werben zwar mit Female-DJ-Line-Ups, jedoch werden weibliche DJs nicht selten auf Dekoration reduziert. DJ EVVA aus Linz dazu: "Auf der einen Seite hast du als Frau Vorteile und gewisse Veranstalter interessieren sich gerade deshalb für dich, weil du eine Frau bist. Der Nachteil ist, dass du als exotisch dastehst." Und: "Was mich bei Veranstaltern echt anstinkt, ist, wenn die normalerweise nur Typen ranlassen und dann ,Frauennächte' veranstalten. Ich bin kein Ausstellungsstück und auf das kommt es eigentlich raus." Beim Zehn-Jahres-Fest des deutschen Electronic-Magazins groove sorgten nur männliche DJs für die Grooves. "Wo ist da das Hirn?", fragt sich Electric Indigo. "Solange es keine Selbstverständlichkeit gibt, weibliche DJs einzuladen, ist Networking unter Frauen umso wesentlicher. Je mehr Frauen es gibt, die auflegen, umso mehr Nachwuchs wird kommen." Mit female pressure schuf Electric Indigo eine mittlerweile umfangreiche und bekannte Datenbank, in der sich weibliche DJs und Producer vernetzen können. Obwohl die elektronische Musikszene von Männern - als DJs und Veranstalter - dominiert ist, gibt es immer mehr weiblichen Nachwuchs. Shroombab alias Barbara Wimmer, eine der Nachwuchs-DJs im Darkstyle-Drum'n'Bass, wird gemeinsam mit MC Terra ab Herbst eine Female-DJ-Line im Wiener B72 initiieren.