Körperliche
Bewegung wird durch das Gehirn gesteuert

Das künstlerische Verfahren der Kontextverschiebung bedient sich des Effekts der Kollision von Codes: Der Künstler wählt ein Setting, in dem einander widersprechende, im sozialen Gebrauch konstituierte und konventionalisierte, Codes mehr oder weniger subtil aufeinanderprallen. .....Dazu bedarf es, wie bei jedem Kommunikationsprogramm, auch der Adressaten, also jener Personen, die ja mit diesem Programm in Interaktion treten sollen.

F.E.Rakuschan

ARTISTS OPEN wurde 1994 "erfunden". Die Künstlervereinigung UKF (Uebergreifende Kommunikative Funktionen) hatte mich zur Teilnahme an ihrer Projektreihe "Kunst und öffentlicher Raum" eingeladen und ich spontan zugesagt. Im Gegensatz zum Genre "Kunst im öffentlichen Raum" gab der Projekttitel keinerlei Funktionalität vor, sondern wirkte - bedingt durch das Wort "und" zwischen "Kunst" und "öffentlicher Raum" - auf mich wie eine reine Tatsachenfeststellung, ein Nebeneinander zweier Ideen.

Kurz zuvor war mein Interesse am Badmintonsport entflammt, und eines Abends, bei einem heißumkämpften Match, kam der Gedanke, meinen Beitrag zum UKF-Projekt in Form eines Badminton - Turniers zu realisieren. Als Teilnehmer hatte ich den erweiterten Freundeskreis im Auge, als Spielort die private Halle eines Bekannten. Doch es kam anders. Statt der erwarteten Handvoll kamen über 100, die um die von Heimo Zobernig konzipierten Pokale spielten, und aus der privaten Halle war der durchaus öffentliche Raum Wellnesspark Oberlaa geworden, seines Zeichens größtes Badmintoncenter Österreichs. Unter allen Teilnehmern wurden unabhängig von deren Plazierung Flugreisen, Sportequipment, und andere Kleinigkeiten verlost.

Ganz wie im "wirklichen" Turnier - Leben waren die 24 Spielfelder von Werbebanden umgeben. Unüblich die darauf zu sehenden Visuals: 24 Künstler/innen ( Bob Adrian, Ecke Bonk, Gunter Damisch, Richard Höck, Peter Kogler, Brigitte Kowanz, Romana Scheffknecht, Eva Schlegel, Rosa von Süß, Simon Wachsmut, Matta Wagnest, Hans Weigand, Heimo Zobernig u.a.) hatten Entwürfe zur Verfügung gestellt, die in Folge auf jeweils 200x80 cm große Plastikplanen gedruckt wurden.

Der Kunstgehalt des ARTISTS OPEN 94 - mag er im Pokaldesign gelegen sein, oder aber in den Künstler - Banden, oder im Ehrenschutz durch Oswald Oberhuber, oder in der Tatsache, daß Künstler/innen Badminton spielten, oder darin, daß das Turnier Teil einer Reihe von Kunstprojekten war, oder, daß es von einem Künstler veranstaltet wurde - der Kunstgehalt des ARTISTS OPEN 94 wurde jedenfalls im darauffolgenden Jahr Gegenstand einer Ausstellung in der Wiener Secession: Am 13. Juli 1995 bauten wir im dafür wie geschaffenen Hauptraum einen Badmintoncourt auf, auf dem sich zwei Profis - Hannes Fuchs und Richard Purser - umrahmt von den zitierten Künstlerbanden - vor zahlreichem Publikum ein packendes Exhibition - Match lieferten. Die Präsentation der wichtigsten ARTISTS OPEN 94 - Devotionalien (Pokale, Fotos, Video, T-Shirts uam), sowie ein mit Wolfgang Kos, Markus Weiland, Ulrike Döcker, Judith Fischer, Otmar Rychlik und Johann Skocek besetztes Symposion zum Thema "Kunst und Sport" vervollständigten das für einen einzigen Abend angesetzte Spektakel.

Die Einbettung von ARTISTS OPEN 97 in das Kunstfestival ars electronica ist die nunmehr dritte Auflage des Turniers mit dem programmatischen Titel. Im Veranstaltungsmix des Festivals stellt ARTISTS OPEN Badminton Challenge@ars electronica festival eines von vielen Angeboten dar, und die Frage nach dem Kunstcharakter führt in die Redundanz. An historischen Referenzen sind vielleicht der legendäre Boxkampf Arthur Cravan gegen Jack Johnson aus 1916, und aus der jüngeren Vergangenheit die von Uwe Bresnik veranstalteten Fußballspiele ("Am Ball", East River Park und Galerie Eigen&Art, New York 1993) zu nennen. Ohne den Begriff der Kontextverschiebung zu stark strapazieren zu wollen: Es handelt sich um ein Happening: Im Netz, und übers Netz, wenn man so will. Und: Körperliche Bewegung wird durch das Gehirn gesteuert.

Fritz Grohs