An die politischen Vertreter Österreichs:



6 PUNKTE PLAN zu Telekommunikation in Österreich
Arbeitskreis Hypermedia
Misera Media Salzburg, Dezember 95

Wenn Vertreter von Politik, Medien und Verwaltung Zukunftsentwuerfe praesentieren ohne sich ueber die Folgen bewusst zu sein, so stellt das eine Gefaerdung der demokratiepolitischen Grundlagen und der Aufgabe des Wirtschaftsstandorts Oesterreich dar. Waehrend die medienrechtliche Basis dieser neuen Technologien bereits obsolet ist und strukturpolitisch notwendige Massnahmen vernachlaessigt werden, ist der Ausverkauf des oeffentlichen elektronischen Raums in vollem Gange.
Der oeffentlich rechtliche Kulturauftrag im Cyberspace wird nicht erfuellt und die Problemstellungen einer Informationsoekologie und Oekonomie der postindustriellen Gesellschaft werden nicht wahrgenommen. Einer sich radikal veraendernden Arbeitswelt wird mit voellig untauglichen beschaeftigungspolitischen Massnahmen begegnet. Informationsvielfalt als notwendiger Bestandteil funktionierender Kommunikationssysteme muss gesichert werden.
Aufgrund dieser katastrophalen soziokulturellen Entwicklungen hat die Arbeitsgruppe Hypermedia als Plattform aktiver KulturarbeiterInnen ein Programm erstellt, das ein Massnahmenpaket von 6 Forderungen enthaelt:


1. Public Access

Wir gehen von einem Grundrecht auf Information aus, das es allen ermoeglicht, an den digitalen Netzwerken teilzunehmen (Telefonzugaenge, Kontrahierungszwang fuer Netzprovider und Kabelanbieter).
So, wie fuer den allgemeinen Zugang zu Wissen und Literatur Bibliotheken geschaffen wurden, muessen im digitalen Zeitalter oeffentliche Instititutionen vernetzt und Informationen kostenlos zugaenglich sein.
Es bedarf der Errichtung von Hardwarestationen im oeffentlichen Raum. Die drastische Senkung der Ortsgebuehren, zum Beispiel in Form eines Basistarifs beschleunigt die Entwicklung der digitalen Informationskultur.


2. Bildung und Erziehung - Das Ruestzeug fuer das 21. Jahrhundert

Es ist notwendig, dass in Bildungseinrichtungen ein kritischer und verantwortungsvoller Umgang mit neuen Medien vermittelt wird. Dabei muss klargemacht werden, dass kommunikative Kompetenz eine technische und eine soziale Komponente hat. Der souveraene Umgang mit der "Maus" ist genauso wichtig, wie eine Orientierungs- und Handlungsfaehigkeit im Cyberspace.
In diesem Zusammenhang muss daraufhin gewiesen werden, dass der Zugang zu den neuen Medien bestimmten Bevoelkerungsgruppen erschwert ist und besonderer Foerderungsmassnahmen bedarf.


3. The Right to Know

Oeffentliche Datenbestaende, Gesetzgebungsvorhaben (Ministerialentwuerfe, Regierungsvorlagen und Initiativantraege), aus oeffentlichen Geldern finanzierte Studien und dergleichen - soweit datenschutzrechtlich moeglich - sollen ueber digitale Netze zugaenglich sein, da sie mit Steuergeldern finanziert wurden. Dadurch werden demokratische Vorgaenge transparent.
Eine derartige Veroeffentlichungspflicht kann mittelfristig die derzeitigen Kundmachungsvorschriften sinnvoll ergaenzen.


4. Medien(rechts)politik

Wir brauchen dringend ein spezifisches Telekommunikationsrecht. Die bestehende Gesetzeslage fuehrt zu einer absurden Ausweitung der Haftung der Netzprovider mit der Folge, dass geltendes Recht nicht angewandt werden kann. Notwendig ist vor allem eine Abgrenzung der Verantwortung des Netzproviders und seiner Kunden. Die Vergabe von Bewilligungen fuer Netzprovider ist an die Einhaltung der entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen zu knuepfen. Wir verstehen Cyberspace als oeffentlichen Raum. Wie in jedem oeffentlichen Raum kommt es zu Interessenskonflikten, es ist Aufgabe des Staates die Rechte aller Benuetzer und Anbieter mit Hilfe eines geeigneten Regelwerks zu wahren.


5. Forschungsprojekte

Wir stellen fest, dass der experimentelle Umgang mit den neuen Medien einen wesentlichen Beitrag zur Formierung und Sozialisierung neuer Technologien bildet.
Forschungsprojekte, die zur gesamtgesellschaftlichen Produktion beitragen, stiften neue Formen der Zusammenarbeit zwischen Wissenschaft, Kunst, Technologie und Benuetzern. Nicht zuletzt werden die Arbeitsergebnisse dieser Forschungsprojekte auch der Wirtschaft und Gesellschaft dienlich sein.


6. Die Oesterreichische Infomilliarde

Bericht der "Group on the Information Society" an die EU-Kommission (Bangemann Report): "Jedem ECU fuer Technik sollten 2 ECUs fuer Inhalte, Philosophie und Experiment entgegengehalten werden". Wenn das oesterreichische Kommunikationssystem im künftigen Europa eine Rolle spielen soll, muessen Nischen fuer Entwicklung von intelligenter Software finanziert und neue Inhalte gefoerdert werden.


Arbeitskreis Hypermedia:

Robert Adrian X, Marie-Luise Angerer, Konrad Becker, Sabine Bitter, Sylvia Eckermann, Franz F. Feigl, Mathias Fuchs, Heide Grundmann, Margarete Jahrmann, Knowbotic Research, Gipsy Loibl, Juerg Meister, Michael Pilz, F. E. Rakuschan, Marie Ringler, Thomas Seifert, Gerin Trautenberger, Eva Wohlgemuth, Wolfgang Zinggl